Dagegen waren die Aufwendungen für Fayencen dank der niedrigeren Brenntemperaturen und meist nahe gelegenen Lagern von kalkhaltigem Ton deutlich günstiger. Wie beim Porzellan wurden Rundgefäße von Hand gedreht, komplizierte Geschirre und Figuren gegossen; letztere zum Teil auch frei modelliert. Im ersten „Schrühbrand“ (800 Grad Celsius) entstanden zunächst poröse, wasserdurchlässige Tonwaren. Je nach Zusammensetzung des regionalen Tons nahm der Scherben eine hellgraue, gelbliche oder ziegelrote Färbung an. Diese dient heute als ein Indiz bei der Herkunftsbestimmung ungemarkter Fayencen. Durch eine flüssige Glasur aus Quarzsand und Zinnoxyd wurde im zweiten, sogenannten Glasurbrand (1100 Grad Celsius) den Rohlingen eine wasserdichte, weiß glänzende Schicht aufgebrannt, die sich – im Gegensatz zum Porzellan – nicht homogen mit dem Tonscherben verbindet. Deshalb sind Fayencen bruchempfindlicher und bei Stoß oder Schlag springen leicht Glasursplitter ab. Die Malerei wird bei Fayencen vorwiegend mit Unterglasurfarben, sogenannten Scharffeuerfarben, ausgeführt und zusammen mit der Glasur eingebrannt. Dadurch ist kein dritter Brand nötig – ein wichtiger Faktor für kostengünstigere Herstellung. Den Preisfaktor betont auch ein interessanter, zeitgenössischer Bericht über Fayencen, der 1786 im badischen „Hof- und Staats-Kalender“ (Faksimilie-Abdruck „Badenscher gemeinnütziger Hofund Staats-Kalender für das Jahr 1786“,1, S. 429) erschienen ist: „Fayence ist nach dem ächten Porzellan, die beste, dauerhafteste, schönste, reinste, in dem Feuer haltbarste, der Gesundheit zuträglichste Art irdener Geschirre, die neben diesen Vorzügen den Vortheil hat, daß sie um sehr viele Prozente wohlfeiler, als das gleichwohlen eben so zerbrechliche (!!!) Porzellan, und dennoch eine Zierde der besten Tafeln ist, woraus dann der grosse Vortheil vor die Eigenthümer dieser Manufakturen entsteht, daß da der Mittelund gemeine Mann sich dasselbe nach seinen Absichten und Bedürfnissen anschaffen kann, der Absaz desto stärker, und der Nuzen grösser, als bei den äusserst kostbaren (teuren) Porzellanfabriken ist.“ Dieser Artikel war seinerzeit wohl als „Schleichwerbung“ für die Durlacher Fayencemanufaktur gedacht.
Birnkrug: Korporal verabschiedet sich von seinem Mädchen. Beischrift: „Fridrich Jacoby Corporal – Cleopha Christin – 1812 – Der Edle Rebensaft giebt uns allzeit Kraft.“ Der gereimte Spruch belegt die Verwendung als Schenkkanne für Wein und Most. Die dreiseitige Einfassung mit Rocaillenbögen hat bereits im 18. Jahrhundert die Rocaillenkartusche abgelöst und wurde danach von Auftraggebern immer wieder bestellt. Am schräg ausgestellten Rand sind typische Glasur- Bestoßungen zu erkennen
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